Gerade lese ich, daß Griechenland einen Schuldenschnitt bekommt und nur 50 Prozent seiner Hilfen zurückzahlen muß. In seiner Gänze kann ich das nicht beurteilen, ich denke nur, daß die Bereitschaft zu einem Schuldenschnitt schon viel früher in der Krise denkbar hätte sein müssen. Nach meiner Beobachtung war das für die deutschen Politiker immer undenkbar.
Damit schreibe ich jetzt endlich über ein Thema, das hier schon länger in der Schublade liegt: der Umgang mit der Schuldenkrise erinnert mich sehr an den Fall des Ostblocks Ende der 80er Jahre. Eine Entwicklung (der Zusammenbruch des Ostblocks) wird nicht wahrgenommen, weil die möglichen Folgen als zu groß und unübersichtlich angesehen werden, als daß man sich wirklich darauf vorbereiten könnte. Deswegen bereitet man sich gar nicht darauf vor.
In meinen Augen traf der Zusammenbruch des Ostblocks den Westen sehr unvorbereitet. Natürlich gab es eine Menge Leute, die gesagt haben, das kann auf Dauer nicht gutgehen, das System wird zusammenbrechen. Aber wieviele Leute haben gesagt: Das System ist so marode, daß wir uns auf seinen Zusammenbruch vorbereiten müssen, indem wir Pläne vorbereiten und Maßnahmen ergreifen. Und dafür auch Geld ausgeben. Davon habe ich wenig mitbekommen.
Als der Zusammenbruch kam, hat man überstürzt all die Pläne genommen, nach denen im Westen angeblich erfolgreich gearbeitet wurde, oder noch besser, jetzt konnte man die Pläne umsetzen, nach denen man auch im Westen arbeiten sollte, aber es aufgrund von Widerständen nicht kann: der reine Kapitalismus. Soweit ich weiß, war der Harvard-Ökonom Jeffrey Sachs ein großer Verfechter dieses Ansatzes ("Schocktherapie"). Die russische Wirtschaft sollte weitgehend liberalisiert werden, die großen Unternehmen sollten umgehend privatisiert werden. Zu diesem Zwecke hat er sich auch als Berater in Rußland engagiert. Er hat dann recht bald gemerkt, daß das nicht funktioniert, und daß für eine funktionierende Wirtschaft mehr Dinge notwendig sind (als kurzer Überblick: http://www.zeit.de/2003/38/Jeffrey_Sachs).
So scheint mir die Entwicklung auch bei Griechenland zu sein. Zuerst scheint man gar nicht für möglich zu halten, daß innerhalb Europas Überschuldung ein Problem sein könnte (denn dann hätten bald viele Länder ein Problem). Dann wird das Problem richtig groß, und man muß sich drum kümmern, bleibt aber dabei, daß das Land im Prinzip das Problem alleine lösen müsse. Es gäbe zwar Finanzhilfen, die müssen aber natürlich zurückgezahlt werden. Da sich aufgrund dieser Einschätzung die Finanzmärkte aber nicht beruhigen (die haben das Problem vorher auch nicht wahrhaben wollen, können jetzt aber schneller als Politiker auf Plan B umstellen), verschärft sich die Krise, und man kommt zu der Lösung, die von vornherein offensichtlich war: daß nämlich irgendwer auf Geld verzichten muß, also ein Schuldenschnitt durchgeführt wird. Unklar war bis letzte Nacht, wer auf sein Geld verzichten muß.
Vielleicht wird bald auch den zuständigen Politikern klar, daß ein zu heftiges Sparen nach der Rasenmähermethode in Griechenland nicht helfen wird, die Krise zu bewältigen, sondern daß schon genau geschaut werden muß, wo weiter Geld fließen muß, und wo heftig gespart werden (und Einnahmen erhöht werden können), und wo nicht.
Mir graut vor dem nächsten Land, das eine Lösung auf breiter europäischer Ebene erfordern wird. Noch mehr graut mir aber vor den Problemen in diesem Land, die schon vor langer Zeit hätten gelöst werden müssen, wie z.B. die Pensionszahlungen für Beamte. Da wird noch was kommen.
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