Montag, 31. Mai 2010

Darum schaue ich immer wieder in die taz

Die taz lese ich hauptsächlich wegen der Comics von tom. Aber auch sehr gerne wegen solcher Artikel. Es geht um einen Dokumentarfilm über das Polizeiarchiv Guatemalas. In diesem Archiv war auch ein Folterzentrum untergebracht.

Ich mag es, wenn ich beim Zeitunglesen unerwartetes entdecke.Und deswegen graut mir auch ein bißchen davor, wenn in Zukunft alle nur noch irgendwelche Channels abonnieren oder sich ihre Zeitung selbst zusammenstellen. Genauso wenig mag ich es aber, wenn eine Zeitung mich jeden Tag fragt, ob mir dieser oder jener Artikel gefallen hat.

Sonntag, 30. Mai 2010

Das iPad - doch, riesige Möglichkeiten warten

Das iPad ist ja jetzt seit einigen Wochen auf dem Markt, seit gestern auch in Deutschland, und schon fangen einige Leute an zu mäkeln. Teilweise vollkommen zu Recht: zum einen ist das Geschäftsgebahren der Firma Apple nicht gerade vorbildlich, dann sind da die Fingerabdrücke auf dem spiegelnden Display, und dazu kommen noch einige Einschränkungen, die gewollt sind (fehlendesMultitasking, kein Druckerausgang, fehlende Austauschmöglichkeiten) oder noch der Neuigkeit des Gerätes geschuldet sind (fehlende Anpassung der Apps).

Einiges wird Apple demnächst bestimmt noch ändern, oder (was viel besser wäre) die Nachahmer werden es besser (und billiger) machen, z.B. die Android-Pads.

Ich glaube, daß viele Menschen noch gar nicht verstanden haben, was so ein Gerät wie das iPad alles leisten kann: es wird ein Fenster zu allen möglichen anderen Geräten sein. Teilweise geht das ja schon jetzt, z.B. per Bluetooth oder WLAN. Wie schon erwähnt bin ich selbst nicht sehr gut im Umsetzen meiner Ideen, aber wenn ich ein Telefon oder eine Telefonanlage per PC bedienen kann, dann kann ich das wohl noch komfortabler vom iPad aus. Ein Freund, bei dem wir gerade zu Besuch waren, hat seine Türsprechanlage an sein Telefon angeschlossen (das ist nicht besonders anspruchsvoll, es ist vom Gerät so vorgesehen). Jetzt kann er seine Haustür von der Veranda aus öffnen, wenn Bekannte kommen. Eine Freundin hat auch noch eine Kamera an der Haustür, für die wäre das noch viel praktischer.
Vor kurzem wurde im Fernsehen mal wieder das vernetzte bzw. automatisierte Haus vorgestellt, wo alle Geräte miteinander verbunden sind. Die zentrale Steuerung solcher Häuser wird wohl über einen eigenen Rechner laufen (mit einem besseren Betriebssystem, das wirklich virensicher ist), aber eine Schnittstelle zum PC oder zum iPad wird wohl auch darin enthalten sein. Und damit werden die angebotenen Fähigkeiten der Häuser viel besser zu erreichen sein.

Auf Spiegel Online stellte ein Redakteur das iPad vor und schreibt treffend: Eine Mär ist die Behauptung, das iPad sei der Computer für Leute, die eigentlich keinen haben wollen. Denn man braucht einen Computer, um das iPad überhaupt benutzen zu können. Das fängt bei der Aktivierung nach dem Kauf an und setzt sich über Updates der Systemsoftware fort, die nur via Computer eingespielt werden können. Aber wer so etwas behauptet, der will wohl systematisch die Anforderungen hoch schrauben, um ein Scheitern herbeizuführen und dann sagen zu können: Hab ich's doch gesagt!

Ernsthafte Konkurrenten zum iPad scheint es momentan nicht zu geben, es scheint noch viel Entwicklungsarbeit zu geben, dazu kommen einige Neuordnungen bei den Konkurrenten wie Palm, HP und Microsoft. Die Android-Pads sind auch noch nicht fertig. Aber dafür stehen schon Konkurrenten auf der Matte, die andere noch gar nicht im Auge hatten.

Die OLPC-Initiative arbeitet gerade an einem neuen Gerät, das ebenfalls für unsere Zwecke geeignet wäre, jedenfalls meiner Meinung nach. Und die kommerzielle Konkurrenz von Intel hat gerade den Nachfolger des Classmate PC vorgestellt. Eine offizielle Pressemitteilung habe ich zwar nicht gefunden, aber auf der offiziellen Homepage ist nach ein paar Bildwechseln das neue Gerät zu sehen. Alle Funktionen drin, die das iPad hat, aber dazu noch eine Tastatur.

Mal schauen, wie lange es brqaucht, bis man kapiert, was man alles mit diesem "Fenster" zur Welt machen kann.

Montag, 24. Mai 2010

Die fallenden Tore von Madrid

1998 lieferten Marcel Reif und Günter Reif ihre phänomenale Reportage aus Madrid ab, als sie 76 Minuten Leerlauf überbrücken mußten, bis ein umgefallenes Tor ersetzt worden war. Tja, hätten die mal in die Vergangenheit geschaut. 1960 in Glasgow gab es anscheinend schon Klapptore.

Donnerstag, 20. Mai 2010

Der Flix - immer wieder überraschend

Comics mag ich gerne, und hin und wieder entdeckt man auch mal was neues, auch wenn man die Uni schon länger hinter sich gelassen hat. Und das war irgendwann der Flix. Diesen Comic aus seiner Feder fand ich jedenfalls höchst gelungen, weil ich ihn wunderbar derb, aber nicht plump finde ( die letzte Sprechblase ist nur gedacht, nicht ausgesprochen). Und eine Leserin hat ihn deswegen aus der Favoritenliste gestrichen. In meiner Comicsammlung fand ich einen ähnlichen Fall von etwa 1990 , als Ralf Königs "Rammelbären" die taz zwei LeserInnen kosteten.

Ach ja, und wer mit Fremdwörtern dicke tun will: Das Wort heißt Smegma.

Montag, 17. Mai 2010

Lada Gaga - gab's doch schon mal

Ich habe gerade einen schönen Artikel über ein Konzert von Lady Gaga gelesen. " Der Artikel fängt an mit: "Zu einer rundum gelungenen Verrohung der Sitten und Verletzung der überkommenen Sexualmoral für die ganze Familie ist es am Dienstag in der Multifunktionshalle am Spreeufer gekommen; ..." (gefunden im Perlentaucher)Das erinnert mich an das, was ich immer zu "The Osbournes" gesagt habe: Der Untergang des Abendlandes, aber sehr unterhaltsam. Der Artikel ist sehr schön zu lesen. Vor allem der "für die ganze Familie-Aspekt" ist sehr interessant. Es sind Grundschüler im Publikum, während oben auf der Bühne Kopulationen nachgestellt werden. Vor drei Jahren hatte ich einen kulturkonservativen Anfall, als ich meinen Sohn mit dem Bus zum Kindergarten brachte und damals gerade eine Penthouse-Reklame mit einer Frau lief, die ihre Hand zwischen den Beinen hatte (in einer kaum vorhandenen Form von Unterwäsche). Ich fragte mich, ob ich das da sehen will, ob ich es meinem Sohn erklären könnte, was die Frau da macht, und mit welchen Gesetzen ich das verbieten lassen wollte ("Ich will das nicht" reicht nicht, solange man nicht Herrscher von Nordkorea ist).

Nun ja, um hier fertig zu werden und diesen Post aus dem zu bearbeiten-Status zu entlassen: Lady Gaga wird ab und zu wegen ihrer Kostüm-Wechseleien und Image-Künstlichkeit hin und wieder mit Madonna verglichen. Aber ist Grace Jones nicht viel passender? Dünnes Stimmchen, aufsehenerregendes Äußeres, massiv in den Vordergrund geschobener Sex? Wollte ich nur mal dran erinnern.

Montag, 10. Mai 2010

Landtagswahl NRW -ein Déja Vu

Gerade ist die Wahl in NRW gelaufen, da kommen die ersten Fernsehbilder. Das erste, was ich sehe, ist eine jubelnde Hannelore Kraft, es kommen Sprüche wie "Wir sind wieder da", "ein gutes Ergebnis" und sowas, und es ist noch recht früh, die Wahlergebnisse noch nicht endgültig, klar ist jedenfalls, daß Jürgen Rüttgers verloren hat, und zwar heftig. Und irgendwann sehe ich dann die erste Gewinn- und Verlustrechnung und bin ziemlich erstaunt, als ich sehe, daß die SPD 2,7 Prozentpunkte verloren hat. Ein Blick ins Stammlokal der FDP bringt Beerdigungsstimmung, obwohl die auch leichte Gewinne erzielen konnten. Gerechtfertigten Jubel gibt dann bei Grünen und der Linken, die ganz klar was zu feiern haben.

Jedenfalls kurz, nachdem ich die jubelnde Hannelore Kraft gesehen hatte, kamen mir die Bilder der letzten Wahl wieder in den Sinn. Auch hier haben SPD-Leute sich gefreut, als ob sie die Wahl gewonnen hätten, obwohl sie rein gar nichts erreicht hatten. Besonders verhaftet blieb mir Frank-Walter Steinmeier, dessen ungerechtfertigter Jubel mich damals schon beinahe abgestoßen hatte.
Heute morgen bekam das Ganze dann ein Sahnehäubchen in Form einer Äußerung von Andrea Nahles, die meinte, es sei eindeutig nicht der Wählerwille, dass die CDU die Landesregierung weiter führe, und auch Hannelore Kraft persönlich blamierte sich in meinen Augen deutlich, als bei SPIEGEL Online zu lesen war: Dieser Ministerpräsident ist so deutlich abgewählt worden - wir haben einen klaren Führungsanspruch für dieses Land." Hallo, die CDU ist zwar nur noch hauchdünn, aber immer noch die stärkste Partei in NRW. Ein Verlust von mehr als zehn Prozent ist zwar peinlich und drastisch, aber schließlich werden immer noch Stimmen gezählt und Sitze verteilt, und nicht irgendwelche Veränderungen zur letzten Wahl bewertet.

Hier könnte nun der Eindruck entstehen, daß Sympathien für die CDU vorhanden sind. Kann sein, aber zum einen habe ich mir gewünscht, daß Jürgen Rüttgers einen Denkzettel für seine gesammelten kleinen Skandälchen bekommt, von denen er angeblich nichts gewußt haben soll, und zum anderen ist die Neigung zu den Schwarzen familiär bedingt, ich arbeite zwar daran, mich davon zu befreien, aber ich falle immer wieder in alte Muster zurück. Vor allem aber kriegt eine SPD, die sich trotz fortschreitender Erosion ihrer Wählerschaft, trotz lediglich verlangsamten und noch keineswegs gestopptem Abrutschen in Bedeutungslosigkeit bei mir kein Bein an den Boden, wenn sie mit solchen Mätzchen wie den oben angeführten bei den geistig Schwachen meint, Eindruck schinden zu können.

Und wenn man sich schon ärgert, dann ist es auch nicht schwer, ungerecht zu sein. Denn eigentlich hätte ich hier ja noch lobende Erwähnung für die FDP unterbringen können, weil die trotz Zugewinn sehr demütig daher kam und nicht nur bei anderen nach Gründen für den Machtverlust suchte. Aber solange Guido Westerwelle jeden Zusammenhang zwischen der dicken Spende eines Hoteliers und der Durchsetzung eines maßgeschneiderten Steuervorteils für eine ziemlich genau umrissene Klientel bei gleichzeitig äußerst schwachen Spillover-Effekt auf den Rest der Wirtschaft als "absurd" bezeichnet, solange ist hier für solche Leute nichts zu er3warten. Auch wenn Liberalismus eine feine Sache ist: die FDP hat damit nichts zu tun.

Daß hier die Formatierung verrutscht ist, wird ein andermal gerichtet. Aber wenn keiner vorbeiokommt, muß ich ja auch nicht aufräumen.

Samstag, 8. Mai 2010

Pathos - gerne, aber bitte ernsthaft!

Von Harald Schmidt stammt der Spruch "Nach der Ironie kommt das Pathos". Zu der Zeit, als ich den Spruch hörte, dachte, ja wo ist es denn? Außer bei Xavier Naidoo sehe ich es noch nicht. Vielleicht bringe ich die Zeiten durcheinander und ich will jetzt nicht googlen, um meinen Gedankenfluß nicht zu unterbrechen, aber zu Beginn des zweiten Golfkriegs fand ich dann ein schönes, wirklich schönes Beispiel dafür: Ein britischer Oberstleutnant eines Fallschirmjägerregiments hielt eine kurze Ansprache an sein Regiment. Und am meisten liebe ich Pathos, wenn es nicht vollkommen einseitig wird, wenn neben Entschlossenheit auch Zurückhaltung gefordert wird. In der Ansprache von Lieutenant Colonel Tim Collins drückt er seinen Wunsch aus, jeden einzelnen Soldaten wieder mit nach Hause zu nehmen, sagt aber direkt, daß dieser Wunsch wohl nicht erfüllt werden wird. An anderer Stelle kommt etwas typisch britisches, ich glaube lakonisches, wo Collins an die Rechte des Gegners erinnert und er seinen Soldaten sagt, nicht unnötig zu töten. Sie würden nicht glücklich werden damit. Aber die Gegner, die kämpfen wollen, denen will er auch Gefallen daran bereiten.

In Textinterpretationen war ich immer schwach. Deswegen füge ich hier gleich die Rede ein, anstatt weiter drin herumzustochern. Aber als ich sie damals las, wünschte ich mir, daß ein solches positives Pathos und angenehme Ernsthaftigkeit auch einmal bei uns zu finden ist. 1990 hätte es eine gute Gelegenheit gegeben, so in der Richtung "Blut, Schweiß und Tränen", aber stattdessen wurde von blühenden Landschaften geredet.

Nein, mir muß keiner erzählen, warum Deutsche bei Pathos erst einmal zurückzucken. Leider habe ich aber mittlerweile das Gefühl, daß ein paar der Gefühle, die zum Ende des Pathos führten, wieder auferstehen. Darüber werde ich demnächst schreiben, um konkreter zu werden.


Dies ist aus einem Artikel der BBC. Ich habe keine offizielle Niederschrift der Rede gefunden und habe die Rede hier übernommen, habe aber die Hervorhebungen einiger Zitate gelöscht.

"We go to liberate not to conquer. We will not fly our flags in their country," he said.

"We are entering Iraq to free a people and the only flag which will be flown in that ancient land is their own. Show respect for them.

"There are some who are alive at this moment who will not be alive shortly. Those who do not wish to go on that journey, we will not send.

"As for the others I expect you to rock their world. Wipe them out if that is what they choose. But if you are ferocious in battle remember to be magnanimous in victory.

"Iraq is steeped in history. It is the site of the Garden of Eden, of the Great Flood and the birthplace of Abraham. Tread lightly there.

"You will see things that no man could pay to see and you will have to go a long way to find a more decent, generous and upright people than the Iraqis.

"You will be embarrassed by their hospitality even though they have nothing.

"Don't treat them as refugees for they are in their own country. Their children will be poor, in years to come they will know that the light of liberation in their lives was brought by you.

"If there are casualties of war then remember that when they woke up and got dressed in the morning they did not plan to die this day.

"Allow them dignity in death. Bury them properly and mark their graves."

To his 800 men - an arm of the 16 Air Assault Brigade - he said: "It is my foremost intention to bring every single one of you out alive but there may be people among us who will not see the end of this campaign.

"We will put them in their sleeping bags and send them back. There will be no time for sorrow.

"The enemy should be in no doubt that we are his nemesis and that we are bringing about his rightful destruction.

"There are many regional commanders who have stains on their souls and they are stoking the fires of hell for Saddam.

There may be people among us who will not see the end of this... We will put them in their sleeping bags and send them back, there will be no time for sorrow
Lieutenant Colonel Tim Collins
"He and his forces will be destroyed by this coalition for what they have done. As they die they will know their deeds have brought them to this place. Show them no pity."

He said: "It is a big step to take another human life. It is not to be done lightly.

"I know of men who have taken life needlessly in other conflicts, I can assure you they live with the mark of Cain upon them.

"If someone surrenders to you then remember they have that right in international law and ensure that one day they go home to their family.

"The ones who wish to fight, well, we aim to please."

He warned the troops not to get carried away in the heat of battle.

"If you harm the regiment or its history by over enthusiasm in killing or in cowardice, know it is your family who will suffer.

Warning that the troops were very likely to face chemical or biological weapons, he said: "It is not a question of if, it's a question of when. We know he has already devolved the decision to lower commanders, and that means he has already taken the decision himself. If we survive the first strike we will survive the attack."

His closing words were resolute: "As for ourselves, let's bring everyone home and leave Iraq a better place for us having been there. Our business now is north."



Bei SPIEGEL Online gibt es die Rubrik "einestages". Dort wird die Geschichte eines Kriegsreporters des Zweiten Weltkriegs erzählt, dessen Reportagen berühmt wurden und der den Pulitzerpreis bekam. Sein Entwurf eines Artikels über das Ende des Krieges ist großartig, traurig und ernsthaft, aber doch nicht ohne Hoffnung.

Der Artikel aus einestages ist hier zu finden, und in diesem amerikanischen Blog eines Soldaten die Originalversion seines letzten Artikels.

Ach ja, neben dem Neid auf angemessenes Pathos und Ernsthaftigkeit ist es auch einfach der Neid, nicht so gut wie diese Leute formulieren zu können. Wenn ich schreiben könnte wie Ernie Pyle, dann wäre es mir auch egal, wenn mich keiner lesen würde. Dann würde ich an mir selbst erfreuen.

Freitag, 7. Mai 2010

Problemzone Jungs - und was ist mit der Bundeswehr?

Seit geraumer Zeit werden Jungen ja zum schwachen Geschlecht erklärt. Sind schlecht in der Schule, sind gewalttätig, haben zu wenig soziale Fähigkeiten, die im Berufsleben doch so wichtig sind, und, und, und...

Abgesehen davon, daß in zwei DAX-Konzernen Frauen im Vorstand vertreten sind, sehe ich auch in den jüngeren Reihen zwar viele erfolgreiche Frauen, aber ich sehe noch keineswegs, daß in Deutschland erfolgreiche Jungen von Mädchen verdrängt werden. Es ist wahrscheinlich so, daß es mehr problematischen Jungen gibt als früher, aber deswegen die übrigen Jungs schon abzuschreiben scheint mir etwas voreilig zu sein.

Um es kurz zu machen: Könnte mal jemand den Verein fragen, der am meisten Erfahrung in Deutschland mit jungen Männern hat, wie es um die jungen Männer steht? Nämlich die Bundeswehr? Wenn es so schlimm steht um den männlichen Nachwuchs, dann müßte es um die Bundeswehr doch wirklich schlecht stehen. Aber haben die sich schon einmal so richtig über den Nachwuchs beschwert? Bei mir ist das zumindest nicht angekommen. Klagen über zu wenig Geld und schlechte Ausrüstung, zu viel Auslandseinsatz und schlechte Führung, aber ein Lamentieren über "die jungen Männer von heute"? Zuletzt wurde der Hälfte der deutschen Schulabgänger die Ausbildungsreife abgesprochen, die Zahl wurde nachher nach unten korrigiert. Handwerker beschweren sich, daß sie keine passenden Auszubildenden mehr finden, ich will das gar nicht als falsch hinstellen. Aber was passiert denn dann bei der Bundeswehr? Leiden die still vor sich hin mit den Nachwuchsidioten? Fragt die keiner, hört denen keiner zu? Oder ist es ganz anders, weil die Bundeswehr mit den Jungen von heute besser umgehen kann? Und damit komme ich zu einer steilen These:

Vielleicht kommt die Bundeswehr gut mit den jungen Männern von heute zu Recht, weil sie die richtigen Methoden hat, mit ihnen umzugehen: ein starres System von Regeln, deren Einhaltung auch tatsächlich verlangt wird, Autorität, Aufgaben.

Meine Frau ist ja Realschullehrerin, wie ich vielleicht schon mal erwähnte, und hin und wieder wird sie von früheren Schülern besucht. Teilweise ist das doof, weil die Schüler immer noch doof sind, aber oft ist es durchaus interessant, wenn Schüler sich auf einmal viel besser entwickelt haben, als man es von ihnen erwartet hat. Und meine Frau erzählte mir zuletzt von drei Jungs, die in der Schule wirklich verpeilt waren, nichts auf die Reihe kriegten, und bei denen man gespannt war, wohin die Reise gehen würde, und bei diesen dreien bestand eine gewisse Gemeinsamkeit darin, daß sie sich bei der Bundeswehr verpflichtet hatten und danach weitere Ausbildungen besser bewältigt hatten als ihre vorherige Schullaufbahn. Empirisch heißt das nichts, aber es könnte ein Anfang sein.

Egal ob meine These (die Bundeswehr hat keine großen Probleme mit jungen Männern, weil sie weiß, wie man mit ihnen umgehen muß) zutrifft oder nicht, ich würde gerne mal hören, was dort über den Nachwuchs gedacht wird. Mittlerweile geht man dort ja nicht mehr so früh in Rente wie noch vor zwanzig Jahren, also müßte sich dort doch ein Stabsfeldwebel mit dreißig Jahren Zugehörigkeit finden lassen, auch Offiziere sind ja lange dabei. Und da bei der Bundeswehr ja nun fast jede Stelle mit nachrückendem Nachwuchs zu tun hat, ergeben sich die Erfahrungen doch von selbst.

Also, liebe Dokumentarfilmer, wenn irgendeiner nach einer Idee sucht, hier kann er sie abholen. Einfach sich fragen, ob die Bundeswehr auch einstimmt in die Klage über die Jugend von heute, und wenn nicht, dann mal weiter überlegen.

So, ich will jetzt fertig werden und feile später an ein paar Ergänzungen, die ich noch nicht unterkriegen konnte.